Kiefergelenk und Kopfschmerzen: Mögliche Zusammenhänge verstehen
Zurück zum Magazin

Kiefergelenk und Kopfschmerzen: Mögliche Zusammenhänge verstehen

10. Dezember 20254 Min. Lesezeit
Teilen:

Kopfschmerzen können mit dem Kiefergelenk zusammenhängen. Atmung, Zungenlage und Körperhaltung spielen dabei eine Rolle. Erfahren Sie, was hinter den Beschwerden stecken kann.

Ein drückender Schmerz an den Schläfen, Spannungsgefühl im Nacken, migräneartige Beschwerden ohne erkennbare Ursache – was viele nicht wissen: Eine mögliche Ursache kann im Kiefergelenk und der Funktion des gesamten Kausystems liegen.

Das ist keine Theorie, sondern Physiologie. Ein komplexes Zusammenspiel von Knochen, Muskeln und Nerven verbindet den Kiefer mit Kopf, Nacken und Körperhaltung. Eine Störung in diesem System kann sich auf benachbarte Strukturen auswirken.

Wie Kiefergelenk und Kopfschmerzen zusammenhängen können

Das Kiefergelenk (Temporomandibulargelenk) ist eines der komplexesten Gelenke des Körpers. Es ermöglicht nicht nur Öffnen und Schließen, sondern auch Gleit- und Seitwärtsbewegungen. Dabei steht es in direkter Verbindung zur Halswirbelsäule und Schädelbasis.

Drei mögliche Mechanismen:

Muskuläre Kettenreaktion: Die Kaumuskeln gehören zu den kräftigsten Muskeln des Körpers. Bei Fehlfunktion – etwa durch nächtliches Pressen – können sie chronisch verspannen. Da sie an der Schädeldecke ansetzen, kann diese Spannung zu Kopfschmerzen beitragen.

Neurologische Verschaltung: Der Trigeminusnerv versorgt Gesicht und Kaumuskulatur. Sein Kernkomplex im Hirnstamm steht in Kontakt mit Nervenkernen für Nackenmuskulatur und Schmerzwahrnehmung. Reizungen im Kieferbereich können als Kopfschmerz wahrgenommen werden.

Haltungszusammenhang: Die Position des Unterkiefers beeinflusst über Muskelketten die Kopfhaltung. Eine ungünstige Kieferposition kann zu einer Vorverlagerung des Kopfes beitragen – mit möglicher Belastung für Nacken und Wirbelgelenke.

Oft übersehen: Die Rolle von Atmung, Zungenlage und Schlucken

Die Zahnstellung ist nur ein Teil des Bildes. Drei funktionelle Muster beeinflussen das Kiefergelenk täglich:

Atmung: Bei chronischer Mundatmung verändert sich häufig die Zungenlage – sie liegt nicht mehr am Gaumen an. Das kann die Kopfhaltung und die Belastung der Kaumuskulatur beeinflussen.

Zungenlage: In Ruhe sollte die Zunge sanft am Gaumen anliegen. Das kann den Oberkiefer stabilisieren und die Kaumuskulatur entlasten. Liegt die Zunge dauerhaft tief, fehlt dieser Effekt.

Schlucken: Beim physiologischen Schlucken drückt die Zunge gegen den Gaumen. Ein abweichendes Schluckmuster kann über Jahre hinweg andere Kräfte auf Zähne und Kiefer ausüben.

Diese funktionellen Muster können langfristig die Kieferstellung beeinflussen – denn Knochen passt sich an die wirkenden Kräfte an (Wolff'sches Gesetz).

Chart - vom Kieferproblem zum Kopfschmerz
Wirkmodell - Vom Kieferproblem zum Kopfschmerz

Mögliche Hinweise auf einen Zusammenhang

Nicht jeder Kopfschmerz hängt mit dem Kiefer zusammen. Aber bei chronischen Beschwerden ohne klare Ursache kann eine funktionelle Untersuchung des Kausystems sinnvoll sein.

Symptome, die auf einen Zusammenhang hindeuten können:

  • Kopfschmerzen und Verspannungen, morgens am stärksten
  • Knacken oder Reiben der Kiefergelenke
  • Eingeschränkte Mundöffnung
  • Druckgefühl auf den Ohren oder Ohrgeräusche
  • Schmerzen in Schläfen, Wangen oder Stirnbereich
  • Nackenverspannungen ohne erkennbare Ursache

Funktionelle Diagnostik: Den Blick erweitern

Eine Abklärung bei Verdacht auf kieferbedingte Kopfschmerzen geht über die reine Zahninspektion hinaus.

Mögliche Elemente einer funktionellen Diagnostik:

  • Manuelle Untersuchung der Kaumuskeln und Kiefergelenke
  • Beurteilung von Mundöffnung, Gelenkgeräuschen und Bewegungsabläufen
  • Beobachtung von Körperhaltung und Kopfposition
  • Analyse von Atmung, Zungenlage und Schluckmuster
  • Bei Bedarf bildgebende Verfahren

Der funktionelle Ansatz: Ursachen in den Blick nehmen

Die klassische Behandlung setzt oft auf Aufbissschienen zur Symptomlinderung. Der funktionelle Ansatz der Dentosophie fragt zusätzlich: Warum ist das System aus dem Gleichgewicht geraten?

Funktionelle Zahnmedizin betrachtet:

Atmung: Ist die Nasenatmung frei? Chronische Mundatmung kann die Kieferfunktion und Muskelspannung beeinflussen.

Zungenlage und Schluckmuster: Myofunktionelle Übungen können dabei unterstützen, physiologische Muster wiederzuerlangen.

Körperhaltung: Kieferposition und Gesamtstatik beeinflussen sich gegenseitig. Eine ganzheitliche Betrachtung kann aufschlussreich sein.

Ziel ist es, mögliche funktionelle Ursachen zu erkennen und das natürliche Gleichgewicht des Systems zu unterstützen.

Häufige Fragen zu Kiefergelenk und Kopfschmerzen

Können Kopfschmerzen wirklich vom Kiefergelenk kommen? Ja, das ist möglich. Die Kaumuskulatur setzt am Schädel an und steht neurologisch in Verbindung mit der Schmerzverarbeitung. Chronische Verspannungen im Kausystem können zu Kopfschmerzen beitragen.

Was unterscheidet eine Schiene von funktioneller Therapie? Eine Aufbissschiene kann kurzfristig entlasten. Funktionelle Ansätze wie die Dentosophie betrachten zusätzlich Atmung, Zungenlage und Körperhaltung, um mögliche Ursachen zu adressieren.

Wann sollte ich eine funktionelle Abklärung in Betracht ziehen? Wenn Kopfschmerzen chronisch auftreten, auf übliche Behandlungen nicht ansprechen und begleitende Symptome wie Kieferknacken, Nackenverspannungen oder Mundatmung vorliegen.

Fazit

Chronische Kopfschmerzen können mit dem Kiefergelenk und der Funktion des Kausystems zusammenhängen. Wenn konventionelle Ansätze keine Besserung bringen, kann eine funktionelle Diagnostik neue Perspektiven eröffnen.

Ein auf funktionelle Zahnmedizin oder Dentosophie spezialisierter Behandler kann klären, ob bei Ihnen funktionelle Zusammenhänge eine Rolle spielen.

Literatur

Teilen: